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Schönes Wetter am Mai-Feiertag war angesagt, großes Zuschauerinteresse entlang der Strecken und damit gute Voraussetzungen für einen spektakulären Renntag in der hessischen Metropole. Wie immer ein breit gefächertes Programm, das insgesamt sowohl Leistungs- als auch Breitensportler an diesem traditionellen Event teilnehmen läßt. Mit den Nachwuchsklassen U 11, U 13, U 15 und U 17 bis zur U 23, den Jedermännern und letztlich den Elitefahrern war fast die gesamte Breite des Radsports vertreten.

Wenn schon nicht der Papa John Degenkolb wegen einer Sturzverletzung bei den Profis am Start sein konnte, um seinen vielleicht zweiten Sieg bei seinem Heimrennen einzufahren, so war es sein Sohn Leo Robert, der bei der U 11 startete und mit einem dritten Platz eine tolleLeistung bot unter insgesamt 24 Platzierten. Für Nachwuchs im Hause Degenkolb ist also gesorgt, wenngleich sein Vater nach eigenen Aussagen noch nicht ans Aufhören denkt und nach seiner Genesung wieder mitmischen will.

Wie John Degenkolb einst beim Thüringer Energie Team unterwegs war, so startete dort auch der Berliner Maximilian Schachmann in eine recht erfolgreiche Karriere. Heuer stand Maximilian Schachmann als einer der Favoriten für Soudal Quick-Step im Starterfeld, nachdem er zuletzt bei der Baskenlandrundfahrt einen hervorragenden dritten Platz in der Gesamtwertung belegt hatte und das Einzelzeitfahren zum Auftakt sogar siegreich gestalten konnte. Nach langer Durststrecke durch Verletzungen und Corona ist der Berliner wieder auf dem Weg zur Weltspitze, befindet sich aktuell in guter Form und hat mit der Rückkehr zum belgischen Team offensichtlich genau den richtigen Weg eingeschlagen. Auch hier scheint der Name Schachmann für die Zukunft gesichert zu sein, denn beim SC Berlin wächst ein junges Talent mit seiner Halbschwester Inga heran, die in der U 15 in diesem Jahr erste Siege und Platzierungen eingefahren hat.

Das Profirennen über 198,7 km begann außer mit einigen deutschen Protagonisten wie Nico Denz von Red Bull – BORA – hansgrohe, Pascal Ackermann von Israel – Premier Tech, Georg Zimmermann von Intermarche – Wanty, Nils Politt vom UAE Team Emirates und Tim Torn Teutenberg von Lidl – Trek auch mit diversen internationalen Spitzenprofis wie dem Vorjahreszweiten aus Spanien Alex Aranburu von Cofidis, dem Belgier Jasper Philipsen von Alpecin-Deceuninck, dem Franzosen Julian Alaphilippe von Tudor Pro Cycling, dem Australier Michael Matthews vom Team Jayco Alula oder dem Slowenen Matej Mohoric von Bahrain Victorious, um nur einige von insgesamt 125 Startern zu nennen. Krankheitsbedingterschien mit dem Belgier Tim Wellens vom UAE Team Emirates ein weiterer Spitzenfahrer nicht am Start, der kurzfristig absagen musste.

Ein Rennen für Sprinter oder für Klassikerfahrer, das war die Frage, nachdem der Kurs seit der Änderung des Streckenprofils vor zwei Jahren auch bei der 62. Auflage deutlich härter erschien mit zwei Anstiegen zum Feldberg und drei Überquerungen des MammolshainerStichs. Insofern Spannung pur für ein großes Finale an der Alten Oper. Die ersten Ausreißer mit bis zu sechs Minuten Vorsprung waren der Franzose Pierre Thierry von Arkea – B&B Hotels und der Neuseeländer Laurence Pithie von Red Bull – BORA – hansgrohe. Der Franzose war es auch, der den ersten Sprint am Feldberg und auch den zweiten in Mammolshain gewann, während der Neuseeländer alsbald reißen lassen musste. Auch Thierry wurde dann 98 km vor dem Ziel vom Feld geschluckt.

Danach mussten etliche Fahrer das Feld ziehen lassen, darunter auch Nils Politt, Julian Alaphilippe und Georg Zimmermann, während Laurence Pithie etwa 55 km vor dem Ziel wie auch sein Teamkamerad Sam Welsford das Rennen aufgab. Es ist in diesem Jahr nahezu ein Ausscheidungsfahren und etwa 40 km vor dem Ziel am Mammolshainer Berg wurde das Tempo forciert unter Führung von Maximilian Schachmann, an dessen Fersen sich der Norweger Andreas Leknessund von Uno-X Mobility und der Österreicher Gregor Mühlberger vom Movistar Team hefteten, die aber überwiegend Schachmann die Führungsarbeit überließen. Aber der Vorsprung war nicht allzu groß, maximal 10 Sekunden wurden registriertund 18 km vor dem Ziel war es dann um die drei Ausreißer geschehen. Um den Sieg spurtete nun nach mehr als viereinhalb Stunden eine Gruppe von 24 Fahrern und es war Michael Matthews, der am Ende die Nase vor dem Dänen Magnus Cort von Uno-X Mobility und dem Spanier Jon Barrenetxea vom Movistar Team vorn hatte.

Für die drei Ausreißer Andreas Leknessund, Maximilian Schachmann (beide 5 Sekunden zurück) und Gregor Mühlberger (9 Sekunden zurück) blieben am Ende nur die Plätze 25, 29 und 31 übrig. Im anschließenden Interview gab der Berliner zu verstehen, dass die Spitzengruppe nicht optimal funktionierte und der Ausreißversuch dadurch zum Scheitern verurteilt war. „Ich habe alles gegeben und konnte meine gute Form bestätigen“, so der Berliner, für den aktuell kein weiteres Rennen im Kalender steht. „Ich genieße das Vertrauen, das mir vom Team entgegengebracht wird, kann in Ruhe arbeiten und gewisse Freiheitenausnutzen“, zeigt sich Maximilian Schachmann optimistisch für den Verlauf der weiterenSaison.

Aus Berlin war im U 23 Rennen das Stevens Radteam mit Eike Behrens, Marinus Kormeyer, Florian Markert, Laurin Reichart, Paul-Morten Schneider und Luca Martin am Start, von denen Letzterer vor kurzem im Rahmen der Rad-Bundesliga Österreichs im traditionellen, international besetzten Kirschblütenrennen mit Platz 15 überzeugte und sogar den vierten Platz als bester Deutscher in der Nachwuchswertung belegte. In Frankfurt unter 149 Startern aus Dänemark, Großbritannien, Italien, Belgien, Österreich, Niederlande, Polen, Israel, USA, Japan, Kanada, Schweden, Estland und Neuseeland in insgesamt 27 Teams, hatten es die Berliner ebenso wie die übrigen Deutschen in diesem Feld nicht leicht. Es waren 129,9 km zu bewältigen inklusive brutale Anstiege zum Feldberg und nach Mammolshain. Nachdem zwischenzeitlich eine rund zehnköpfige Spitzengruppe das Rennen bestimmt hatte, waren es am Ende wieder einmal die starken Dänen, die mit Conrad Haugstedt und Mads Bertram Landbo einen Doppelsieg vor dem Briten Tomos Pattinson feierten. Aus einer etwa 20 Fahrer starken Spitzengruppe konnten sich am Ende elf Fahrer absetzen und im Sprint die Entscheidung unter sich ausmachen. Darunter als einziger Deutscher Leon Arenz vom REMBE Rad-net Pro Cycling Team, der einen ausgezeichneten achten Platz belegte.

Im großen Verfolgerfeld, das 4:14 Minuten Rückstand aufwies, befanden sich mit Eike Behrens auf Platz 31, Paul-Morten Schneider (38.), Luca Martin (39.) und Laurin Reichart (53.) immerhin vier Fahrer des Stevens Radteams, das insgesamt einen guten Eindruck hinterließ. Stark auch, dass alle Fahrer des Teams das Rennen beendeten, wenn auch Marinus Kormeyer auf Platz 94 9:15 Minuten Rückstand hatte und Florian Markert als 103. mit 9:24 Minuten zurücklag. Die Schwere des Rennens wurde auch dadurch unterstrichen, dass nicht weniger als 38 Fahrer aufgegeben hatten.

Die Mainmetropole war am Maifeiertag wieder fest in der Hand des Radsports. Ein begeistertes Publikum an allen markanten Stellen der Strecken, dazu das für die Jüngsten (zwei bis fünf Jahre) ausgerichtete Laufradrennen mit der Radsportlegende Jens Voigt aus Berlin vor Ort. Ein tolles Radsportevent für Groß und Klein sorgte erneut für beste Stimmungam Rand der Strecke!

Bernd Mülle